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Grün, grüner, ECUADOR

TEIL I


… Unser erster Gedanke als wir unsere letzte Ländergrenze dieser Reise überqueren. Nur fünf Minuten später regnet es. Der erste Regen seit über zwei Monaten. Südamerika ist allgemein trockener, oder wohl besser gesagt ausgetrockneter, als gedacht. Ecuador ist dafür umso grüner.


Wir fahren über unendliche hohe Berge und tiefe Täler – in Hinblick auf unsere letzten Tage mit und in Big Mo darf dies auch gerne metaphorisch verstanden werden - drei Tage durch bis wir mit Quito auf 2850 Metern endlich die höchstgelegenste Hauptstadt der Erde erreichen. Unser Termin mit den französischen Käufern kann nach einem vollen Tag Großputz pünktlich stattfinden. Alles läuft überraschend gut: die Franzosen sind unheimlich nett und wir sind uns schnell einig. Die Behördengänge und Banktransfers danach sind dafür umso zäher. Weniger überraschend.


Wir nutzen die Zeit bis der Deal über den Tisch ist und treffen Urlauber aus der Heimat, schauen uns Quito und die Umgebung an und sortieren uns. Immerhin gilt es, die letzten knapp 5 Monate mit Big Mo und fast 12 Monaten auf Reisen in unseren Rucksäcken und Köpfen unterzubringen…


TEIL II


Weniger Materialismus - mehr Minimalismus: Erst wenn man vermeintlich ‚alles’ verloren hat, weiß man, was man wirklich braucht.

Das klingt und ist klischeehaft. Aber wie wir nun wissen: eben auch wahr. Wie eben so viele Klischees. Nur Stunden, nachdem uns endlich ein großer Stein vom Herzen fällt, da wir unser Auto an die nächsten mutigen Reisenden weitergegeben haben, und kurz vor Reiseschluss in Amerika, passiert es. Wir werden um eine Reise- und Lebenserfahrung reicher, die sich niemand wünscht - und die im Nachhinein doch jedem hilft, der sie einmal macht. Wir werden bestohlen. Zwei von Isas Rucksäcken und mit diesen all ihre Wertsachen bis auf Handy, Pass und Kleidung sind weg.

Hierzu am Ende des Eintrags für alle Interessierten eine persönliche Geschichte des Erlebnisses aus Isas Sichtweise.


Und hier bereits das Ende der Geschicht‘: Galapagos, unser spontan gebuchter bis dato größter Traum, kann trotzdem kommen!

Dort finden wir wenige Tage später, als wir uns mit unseren Freunden in einer Bar treffen und ihnen eben diese Geschichte erzählen, den selbst bemalten Bierdeckel auf dem ersten Bild mit dem Spruch: wir sind das, was wir geben, nicht das, was wir haben. Nun haben wir neben der Lektion auch wieder ein schönes Souvenir von der Reise.


Zusammen mit der einzigartigen Naturwelt des Galapagos Archipels, den hochinteressanten Besuchen Quitos und des Grenzgebiets des Amazonas-Regenwalds, dem Gänsehaut-Erlebnis des Stehens auf der Äquatorlinie (dem Namensgeber dieses tollen Landes) sowie all den wundervoll grünen Hügeln und Bergen Ecuadors, können wir nur eins festhalten, als wir uns dem Ende dieser unglaublichen Reise nähern: dass das Ende so wohl ganz gut zu unserer ganzen Reise passt.

Zum Frühstück unvorhersehbar, der Mittag gespickt mit vielen Höhen und Tiefen und trotz allem am Ende des Tages einfach nur grandios.

Ps. Mitsamt der Kamera sind leider auch unsere Fotos der ersten zwei Wochen in Ecuador verloren gegangen. Glücklicherweise hatten wir aber noch welche auf unseren Smartphones und haben darüber hinaus noch einige schöne Fotos von einem anderen Reisenden aus unserer Dschungeltour erhalten. Nichtsdestotrotz ist die Fotoqualität natürlich nicht toll. Obwohl sowieso keine Bildauflösung jemals an unsere Vor-Ort-Wahrnehmung heran kommt …



BILDERGALERIE UNTER PHOTOS // ECUADOR


BEWEGTE BILDER UNTER VIDEOS // ECUADOR




(K)EIN SCHÖNER TAG

Als ich mitten in der dunklen Nacht längs über unseren vollbepackten riesigen Reiserucksäcken liege, halb auf dem Gehweg halb auf der Straße, habe ich Angst. Nicht um meine Habseligkeiten, sondern um Patrick. Er ist gerade hinter dem Räuber her ins dunkle Dickicht gerannt. Er alleine. Ich alleine. Dass ich mein Knie aufgeschlagen habe, bei dem Versuch, meine Kostbarkeiten zu schützen, merke ich in diesem Moment gar nicht.


Scheiße, scheiße, scheiße.


Meine Gedanken rasen. Mein Verzweiflungsschrei tönt noch in meinen Ohren nach. So etwas hatte ich noch nie von mir selbst gehört. Aus dem Augenwinkel sah ich noch wie er angerannt kam und wusste sofort, was gerade passiert. Alles weg. Meine ganzen ‚wertvollen‘ Dinge: Macbook, Systemkamera, Tablet, Kindle, Power Banks, Ladekabel, Rucksäcke, Taschen, Kosmetik, Kleidung, Bücher etc. . Auch die ganzen Geschenke, die wir für unsere Familien und Freunde, und die Souvenirs, die wir für uns selbst erst kürzlich in Peru gekauft haben: weg.


Wie konnte das passieren? Wir haben es ein Jahr lang durch alle ‚gefährlichen’ Länder und Situationen geschafft. Wir haben immer extra gut auf unsere Sachen aufgepasst. Und nun? Diese eine Sekunde Unachtsamkeit sollte sofort bestraft werden? Waren wir uns inzwischen zu sicher geworden? Unser Vertrauen zu groß? War es unsere Schuld? Wieso hat uns der Taxifahrer genau an dieser Stelle rausgelassen? Wieso hat er uns nicht beim Ausladen geholfen? Wieso war er noch einmal einen Meter zurückgefahren? Wieso hatte ich nicht wie immer meinen Rucksack in der Hand behalten oder zwischen die Beine geklemmt? Wieso hat es mit dem Busfahren vorher nicht geklappt, als wir eine Stunde an der Haltestelle warteten, bis wir uns spontan entschieden, doch ein Taxi zu nehmen? Wäre es dann nicht passiert?


Diese Gedanken habe ich aber tatsächlich nur kurz. Jetzt ist eben alles weg.


Danach steigt die Sorge um Peppo weiter und ich rufe den wenigen Menschen, die um mich rumstehen, und mir die ganze Zeit sagen, das passiere hier oft, verzweifelt auf einfachem Spanisch zu: mein Freund ist alleine hinter dem Dieb hinterher! Es soll jemand nach ihm schauen! Ihm helfen! Ruft die Polizei!


Nach fünf Minuten kommen endlich zwei Polizisten. Sie gehen hinterher. Ich fühle mich etwas besser. Zwei australische Touristinnen, denen ich empfehle, gut auf ihre Sachen aufzupassen als sie an derselben Stelle aus dem Taxi steigen, helfen mir, die schweren Reiserucksäcke in den Busbahnhof zu tragen. Dort sitze ich also, verknotet mit allen restlichen Habseligkeiten, alleine mit meinen Gedanken, und warte. Der Schock wirkt noch nach.


Auf einmal schießt ein Gedanke in meinen Kopf. All meine gesammelten Erinnerungsstücke wie Eintrittskarten, Naturfunde, kleine Geschenke von Reisefreunden (unter anderem ein selbst gemaltes Bild von uns mit Carlos) waren auch in einem der zwei Rucksäcke. Diese daheim für immer als Erinnerung an diese einmalige Reise zu ‚haben‘, darauf hatte ich mich schon die ganze Zeit so sehr gefreut.


Und mein Tagebuch von Südamerika... erst in diesem Moment schießen die Tränen. Das war mir das Wichtigste meiner Dinge. Die Traurigkeit ist unglaublich.


Was der Dieb wohl in dem Moment, wenn er weiß, er stiehlt so viele einem Menschen teure Dinge, denkt? Wie gefühlskalt muss ein Mensch sein, um so etwas zu tun? Oder wie verzweifelt? Wenn ich die Chance hätte, ich würde all meine kompletten teuren Elektrogeräte, Klamotten und Taschen für das ‚billige’ Tagebuch und meine ‚wertlosen’ Souvenirs hergeben. Ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken.


Persönlicher Wert über materiellem Wert.


Als Peppo endlich zurück ist und wir bei der Polizeistelle die Notiz über die vermissten Dinge aufgeben, realisiere ich: wir haben alles, was wir brauchen. Der Zufall spielt immer mit. Alles hat seinen Sinn. Und immer gibt es auch ein Glück im Unglück. Zufällig hatte genau an diesem einen Tag Patrick die Reisepässe in seinen Rucksack gepackt. Sonst waren sie stets zu 99% in meinem.


Lektion gelernt.


Uns geht es gut. Alles ist gut. Es geht weiter.


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